Hilpoltstein/Rednitzhembach (HK) Ganz viel Wind solle sie aus Berlin mitbringen, hat sich der SPD-Landtagskandidat Marcel Schneider von seiner Bundesvorsitzenden gewünscht. Ob es damit von derzeit 12 Prozent auf 20 plus in Bayern hochgeht, ist fraglich. Auf alle Fälle hat Andrea Nahles aber bei denen, die sie bei ihrem Besuch am Montag in Rednitzhembach erlebt haben, durchaus gepunktet.
Stattgefunden hat das Treffen in einem Backhaus in Schneiders Heimatort Rednitzhembach. Zum einen, weil der Betrieb der Familie Lederer noch ein richtiger Handwerksbetrieb ist, und zum anderen, weil das Bäckerhandwerk wie kein zweites unter einem Lehrlingsmangel leidet. Passenderweise war am Montag zudem der Beginn des neuen Ausbildungsjahres.
Doch bevor es richtig politisch wurde, ging es erst einmal in die Backstube, wo neben Nahles und Schneider auch der SPD-Kreisvorsitzende Sven Ehrhardt sein Talent als Brezenbäcker unter Beweis stellen durfte. Dabei zeigte sich, dass das, was Meister Manfred Hans Lederer mit leichter Hand vormachte, durchaus seine Tücken hatte. Am ehesten ging es noch Marcel Schneider von der Hand. Eben selbst ein Handwerksmeister. Sie würde sich als glatte Anfängerin bezeichnen, sagte Nahles. "Das ist ja schon eine Kunst für sich." Wären es Brötchen gewesen, hätte es wohl allerlei SPD-Assoziationen zu Andrea Nahles' Endprodukt gegeben. Aber so lag da ein durchaus kompakter Rohling, der Seniormeister Manfred Georg Lederer ein "Passd scho" entlockte. Das sei das allerhöchste Lob in Franken, wurde der Gast aus Berlin, respektive aus der Eifel, sogleich aufgeklärt. Sie lerne ja unheimlich viele Dialekte, sagte Nahles. Niederbayern, Oberbayern und jetzt Mittelfranken.
Aber schon in der Backstube - in der zum Zeitpunkt des Besuches im Übrigen keine Lebensmittel außer zu Showzwecken hergestellt wurden - klang das leidige Handwerksthema an: Lehrlings- und Fachkräftemangel. Für Manfred Georg Leder ist es bereits fünf vor zwölf. "Der Beruf muss attraktiver werden und zwar ziemlich schnell." Und das könne das Bäckerhandwerk nicht alleine. Es müsste auch die ältere Generation dazu beitragen. "Es empfiehlt doch keiner einem Jugendlichen, Bäcker zu werden." Auf die eigene Situation angesprochen, sagten die Lederers, dass sie eine Bewerbung bekommen hätten. "Den haben wir auch genommen."
Aber nicht nur auf der Lehrlingsseite hakt es, auch auf dem Weg zum Meister. Man dürfe nicht nur Studierende unterstützen,forderte Manfred Hans Lederer. So müsse einer seiner Gesellen für seine Meisterausbildung inklusive Lohnausfall rund 40.000 Euro investieren. Bafög habe man ihm aber nicht bewilligt.
Ein Thema, auf das Andrea Nahles gerne ansprang: "Wir wollen Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Meisterprüfung." Man müsse generell über alle Gebühren in der Ausbildung streiten. "Schulgeld können wir uns heute nicht mehr leisten", sprang ihr Sven Ehrhardt bei.
Für hiesige Verhältnisse ist das Backhaus Lederer mit seinen 70 Angestellten durchaus eine Größe, aber im Zuge von immer heftigerer Bürokratisierung und Fachkräftemangel bleibt oft nichts anderes als zu expandieren. Die Maschinen müssten sich rentieren. Auch gelte es, sich gegen die Konkurrenz aus Osteuropa zu wehren, deren Backstuben vor allem in den großen Städten präsent sind. Allerdings wünschten sich die Handwerker Unterstützung bei den Investitonen. Während Betriebe in Polen 60 Prozent Förderung bekämen, hätte er zuletzt rund eine halbe Million aus eigener Tasche bezahlen müssen, sagte Lederer. "Damit machen sie dann Teiglinge, die sie hier verkaufen."
"Da können wir nichts machen", erwiderte Nahles ohne herumzureden. Die Förderung sei die Sache Polens. Wenngleich sie vermute, dass da indirekt EU-Gelder hineinspielen. "Da müssen wir die Vergabe der Mittel neu hinterfragen." Zumal speziell Polen das Geld immer nehme, aber keine Verpflichtungen eigehen wolle.
Sollte die Politik der SPD auf diesen Feldern Früchte tragen, wünschte sich Marcel Schneider, dass man hinterher auch weiß, wem man die Ernte zu verdanken hat. "Vieles, was die SPD durchgesetzt hat, wird nicht richtig anerkannt", klagte er. Für Bilanzen gebe es in der Politik keine Lob, erwiderte Nahles. Von Einzelnen ja, aber nicht im Allgemeinen. Vielleicht sollte nicht nur Andrea Nahles den Ratschlag beherzigen, den ihr Marcel Schneider mit auf den Weg gab: "Sei laut, wo es sein muss!"
Rainer Messingschlager
Text und Bild mit freundlicher Genehmigung des Donaukurier