Roth (HK) Angesichts der Finanzkrise fordert der SPD- Unterbezirksparteitag einen "Rettungsschirm für Kommunen". Allein für 2010 werde eine Verdoppelung der kommunalen Verbindlichkeiten auf 15 Milliarden Euro prognostiziert, so Martin Burkert, Chef der SPD-Landesgruppe im Bundestag.
"Ein Jahr ohne Wahlen", freute sich zum Auftakt die Kreisvorsitzende Christine Rodarius aus Hilpoltstein. So nutzten die Sozialdemokraten den Parteitag in Roth, um ungestört verschiedene Themenfelder der Bundes- und Landespolitik abzuarbeiten. Besonders die düster prognostizierte Zukunft der kommunalen Haushalte trübte die Diskussionsstimmung der Delegierten. In einer Resolution an die Bundesregierung forderten die Sozialdemokraten daher einen "Rettungsschirm für Kommunen". (s.unten)
Und allen Grund zu strahlen hatten die Vertreter der Ortsvereine auch angesichts des Wahlergebnisses aus Nordrhein-Westfalen. "Wir haben die schlagkräftigen Antworten auf die aufgeworfenen Fragen der Wirtschafts- und Finanzkrise", schwor der Bundestagsabgeordnete Martin Burkert die Delegierten ein. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hinterlasse auch in den kommunalen Haushaltsplanungen ihre oftmals tiefrote Handschrift. Allein für 2010 würde eine Verdoppelung der kommunalen Verbindlichkeiten auf 15 Milliarden Euro prognostiziert, zitierte Burkert die Erhebungen des deutschen Städtetages.
Mit einer Verkettung von Problemen sahen die Sozialdemokraten die kommunalen Haushalte bedroht. Durch die konjunkturell bedingten Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen würde den Gemeinden auch hier im Landkreis "die primäre Einnahmequelle versiegen", erklärte die Kreisvorsitzende Christine Rodarius.
Martin Burkert sprach aber auch von "hausgemachten Defiziten" wie das jüngst verabschiedete Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das er als Ursache für kommunale Ausfälle in Milliardenhöhe sieht. Aber auch die deutlich gestiegenen Wohnkosten für Langzeitarbeitslose würden die Gemeinden mittlerweile stark belasten, so Burkert. "Von leeren Versprechen bei leeren Kassen" sprach der stellvertretende Rother SPD- Ortsvorsitzende Hans Raithel. Ohne einen angemessenen "Mindestpegelstand in der kommunalen Haushaltskammer" könnten die Gemeinden als unterste Verwaltungsebene nicht länger die ihr auferlegten Pflichtaufgaben und auch darüber hinaus freiwillige Leistungen erbringen – allen wohlwollenden Versprechen der Politik zum Trotz. Er unterstrich aber auch die Notwendigkeit des Bestands der Gewerbesteuer. Gerade in ihr sah Raithel einen der Grundpfeiler für die Finanzierung von kommunalen Infrastrukturmaßnahmen. Die Investitionen würden als wichtiger Standortsvorteil auch den Unternehmen wieder zu Gute kommen.
In einer einstimmig verabschiedeten Resolution sammelten die Sozialdemokraten ihre Forderungen zum Finanzausgleich der Kommunalhaushalte und unterstützten so die Forderung der SPD-Bundestagsfraktion nach einem "Rettungsschirm für Kommunen".
Für die Politik im Landkreis vereinbarten die Delegierten, weiter auf die Schwerpunkte Bildung und Energie zu setzen. Hier konnte die SPD mit ihren Bemühungen um die "Kulturschule" Gymnasium Wendelstein und einer Belebung der Bürgersolaranlagen in verschiedenen Gemeinden und auf Landkreisliegenschaften schon wichtige Akzente setzen. Die Frage eines Jusos "Gibt es den überhaupt noch Hoffnung" konnte zum Abschluss dann doch trotz der Besorgnis erregenden finanzpolitischen Entwicklungen schmunzelt bejaht werden.
Hilpoltsteiner Kurier
Rettungsschirm für Kommunen!
Bund und Land haben in den letzten Jahren immer mehr Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen, ohne sich um die Finanzierung zu kümmern. Die Ausgaben explodieren, besonders in den Bereichen Sozia-les (Jugend-, Sozial- und Eingliederungshilfe, Grundsicherung …). Die Auswirkungen treffen v.a. die Kom-munen. Denen fehlt die Luft zum Atmen. Angesichts dieser dramatischen Haushaltslage unterstützt der SPD-Unterbezirk Roth die Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion nach einem Rettungsschirm für die Kommunen. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert:
Die Kommunen müssen eine vollständige Kompensation für ihre durch das Wachstumsbeschleuni-gungsgesetz entstandenen Einnahmeausfälle von 1,6 Milliarden Euro pro Jahr erhalten. Alle von der schwarz-gelben Koalition beabsichtigten Vorhaben für Steuersenkungen, die zu weiteren Belastungen der Kommunen führen würden, sind zu stoppen. Die angekündigten Veränderungen bei der Einkommensbesteuerung würden zu Einnahmeausfällen für die Kommunen in Höhe von rund 4 Milliarden Euro jährlich führen. Zur kurzfristigen Stabilisierung der Finanzlage der Kommunen fordern wir eine Anhebung der Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose befristet auf zwei Jahre, um drei Prozentpunkte. Dies ergäbe rund 400 Millionen Euro pro Jahr für die Kommunen. Bei bundesgesetzlichen Regelungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen ist eine ausreichende und dauerhafte Finanzierung sicherzustellen. Wir fordern ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Die ungekürzte Weitergabe von Mitteln aus dem Bundeshaushalt für kommunale Investitionsmaßnahmen, Betriebsmittel und sonstige Finanzierungsanteile des Bundes an kommunalen Auftragsangelegenheiten durch die Länder ist zu gewährleisten. Fazit: Die Kommunen sind insofern systemrelevant, als sie die Lebensbedingungen der Menschen organisieren. Den Kommunen fehlen dringend notwendige Gelder für Kinderbetreuung, für Kultur- und Sporteinrichtungen, für altersgerechte Infrastruktur. Daher muss ihre Finanzausstattung auf eine vernünftige Basis gestellt werden. Es gibt einen Rettungsschirm für Banken. Es gibt einen Rettungsschirm für Unternehmen. Wir benötigen einen Rettungsschirm für Kommunen! Die sind schließlich die Investoren vor Ort.