Das neue Profil im „Bremer Entwurf“: der Vorsorgende Sozialstaat. Nach 18 Jahren wird die SPD im Oktober ein neues Grundsatzprogramm verabschieden. Nach einer Befragung aller SPD-Mitglieder in Deutschland sind nun die Parteigliederungen, u. a. der Kreisverband Roth gefragt, Änderungsanträge zum sog. „Bremer Entwurf“ zu erarbeiten.
„Kein Zweifel, wir brauchen neue Antworten auf die Fragen der sozialen Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert – und wir SozialdemokratInnen wollen sie geben, “ erläuterte Christine Rodarius. Die große Debatte müsse um die solidarische Erneuerung der Gesellschaft geführt werden. Nötig geworden nicht zuletzt durch einen Wandel der Wirtschaft und Veränderung der Arbeitswelt, den demografischen Umbruch und das Zusammenwachsen Europas. Prinzipiell fehle es an einem neuen „Gesellschaftsvertrag“ im 21. Jahrhundert. Das neue Selbstverständnis der Gesellschaft und aller ihrer Akteure müsse ausgerichtet sein auf einen gemeinsamen Zugewinn durch Zusammenarbeit.
Der Sozialstaat, wie er bisher existiere, sei in erste Linie auf Transferleistungen ausgerichtet und verfolge zu sehr nachsorgende Ziele. „Er kümmert sich zu wenig darum, Krankheiten und Arbeitslosigkeit, Bildungsmangel, Ausschluss von Armut von vornherein zu verhindern. Er verhindert zu wenig in die soziale Infrastruktur. Die aktive Teilhabe der Menschen am Leben der Gesellschaft wird zu wenig unterstützt. Die SPD will keinen abgemagerten Staat,“ betonte die Kreisvorsitzende, „sondern einen besseren“. Das Leitmotiv müsse der „Vorsorgende Sozialstaat“ sein, der wesentlich stärker als das bisherige Sozialstaatsmodell in die Menschen und ihre Potentiale investiere. Der vorsorgende Staat soll Partner und nicht Verwalter der Menschen sein. So könnten auch die großen Grundwerte der SPD – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – für das 21. Jahrhundert mit neuem Leben erfüllt werden.
Alleinstellungsmerkmal
In der Arbeitsgruppe „für eine friedliche, freie und gerechte Weltordnung“ wurde der SPD als Alleinstellungsmerkmal in der großen Koalition die Friedenspolitik angehaftet. Der stellv. Kreisvorsitzende Benny Beringer betonte, dass militärische Intervention nur „das wirklich allerletzte Mittel internationaler Politik sein dürfe.“ Die Diplomatie sei für die SPD das stärkste Mittel, um Konflikte zu lösen.
Mindestlohn ist nötig Die Arbeitsgruppe „Für Wertschöpfung und gute Arbeit“ unter der Leitung des in Wendelstein lebenden ehemaligen Vizepräsidenten der Bundesanstalt für Arbeit in Rheinlandpfalz, Otto Semmler, trat u. a. für die Erwähnung eines Mindestlohnes im Grundsatzprogramm ein. Neben den „Finanz-Bilanzen“ der Wirtschaft, sollen auch „Sozial-Bilanzen“ von den Firmen den Menschen im Land publik gemacht werden.
Bildung in einer lernenden Gesellschaft Für die Arbeitsgruppen Sozialstaat und Bildung wurden im Landkreis ansässige Experten eingeladen. Neben Rainer Mosandl und Edgar Überall von der Arbeiterwohlfahrt stand auch der Leiter des Zweckverbandes Volkshochschulen im Landkreis Roth, Kornelius Schlehlein, als Fachberater zur Seite. Sie sprachen sich für bundesweit einheitliche Bildungsniveaus und gegen Bildungskleinstaaterei aus. Die Erwachsenenbildung soll erheblich gestärkt werden und dafür sorgen, dass der Fortbildungsprozess der Menschen nicht vom Alter abhängt.
Delegierte für die Parteitage Um das SPD-Grundsatzprogramm weiterzubringen, werden Konferenzen in Bezirk, Land und Bund stattfinden, zu denen Delegierte aus dem Landkreis gewählt wurden. Neben Christine Rodarius und Benny Beringer (beide Hilpoltstein) werden noch Christine Appelt, Hannedore Nowotny und Hannelore Täufer (alle Roth), sowie Peter Löw und Benjamin Waldmann aus Wendelstein zum Bezirksparteitag entsendet. Beim Landesparteitag werden Christine Rodarius, Benjamin Beringer, Christine Appelt und Benjamin Waldmann die Interessen des Landkreises vertreten. Zum Bundesparteitag im Oktober nach Hamburg fährt Christine Rodarius als Delegierte, um das neue Grundsatzprogramms mit zu beschließen.