LANDKREIS ROTH - Wenige Wochen nachdem die Sozialdemokraten im Landkreis Roth ihr erstes Parteiengespräch mit dem Bayerischen Bauernverband geführt hatten, tauschte sich eine SPD-Delegation um den Kreisvorsitzenden Sven Ehrhardt mit dem BDM-Kreisvorsitzenden Manfred Gilch und weiteren Verbandsvertretern aus. Anhand eines Rundgangs über einen Milchviehbetrieb wurden die Probleme und Herausforderungen thematisiert, denen sich die regionale Landwirtschaft aktuell ausgesetzt sieht.
Das Timing passte perfekt. Pünktlich zur Betriebsbesichtigung des SPD-Kreisverbands Roth auf dem Milchviehbetrieb der Familie Wissinger im Thalmässinger Ortsteil Ruppmannsburg konnten die Sozialdemokraten der Geburt eines Kalbes beiwohnen. Der 24-jährige Betriebsleiter Andreas Wissinger informierte die beiden SPD-Vorsitzenden Sven Ehrhardt und Ursel Klobe, sowie die beiden Rother SPD-Stadträte Hans Raithel und Peter Ulrich zunächst über Ausbildungsinhalte und Forschungsstand in der Landwirtschaft. Anschließend gab er eine kurze Einführung in Historie und Erwerbsschwerpunkte des Betriebs. So halte der Familienbetrieb mit insgesamt 55ha am Hof aktuell 92 Kühe und rund 27 weibliche Jungtiere. Als „beispielhaft“ lobte BDM-Kreisvorsitzender Manfred Gilch die von Andreas Wissinger angestoßene hofübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen der Viehzucht. So werde ein bestimmter Viehbestand zwischenzeitlich an einen zweiten Hof entgeltlich ausgelagert und schaffe so kostengünstig weitere Zuchtkapazitäten. Nahezu jährlich habe sich der Betrieb erweitert oder sei effizienter geworden, erzählt Wissinger seinen politischen Gästen nicht ohne Stolz. BDM-Kreisvorsitzender Gilch sah die Entwicklung aus verschiedenen Blickwinkeln. Auf der einen Seite freute der Haupterwerbslandwirt über den „Einfallsreichtum“ und die positive Betriebsgeschichte am Hof der Wissingers. Anderseits prangerte er den „ständigen Druck“ zur Betriebsvergrößerung an. Denn hätte sich der Viehbestand im Laufe der Jahre nicht beständig vergrößert, wäre der Familie schnell die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen worden. Der SPD-Kreisvorsitzende Sven Ehrhardt forderte daher eine faire Entlohnung der Landwirte bei der Abnahme ihrer Produkte. Es könne nicht sein, dass die Gewinne der Discounter und zwischen geschalteter Stellen immer weiter wachsen, während die Milchviehbetriebe am Ende der Kette immer stärker „gemolken“ werden würden und nicht mehr wirtschaftlich produzieren könnten. Thalmässings 2. Bürgermeisterin Ursel Klobe kritisierte in diesem Zusammenhang die zunehmende Monopolisierung der Agrarindustrie: „Auch hier müsse die Politik mit geeigneten Maßnahmen einer marktschädlichen Konzentration vorbeugen“. Der BDM-Kreisvorsitzende Manfred Gilch sah die Ursache hierfür in der Liberalisierung der Agrarmärkte und der Ausrichtung der europäischen Landwirtschaft auf Weltmarkt und Export, was in der Realität bedeutete: Immer mehr, Immer billiger! Er forderte deshalb die Politik auf, bei der jetzt anstehenden Neugestaltung der europäischen Agrarpolitik nicht länger den Interessen der Agrarkonzerne zu folgen und unbeirrt an der Weltmarkteroberung festzuhalten. Stattdessen müssen entsprechende Marktmaßnahmen, wie die Errichtung einer EU Monitoringstelle installiert werden, um künftig eine flexible, am europäischen Markt orientierte Milchproduktion zu ermöglichen. Der Kreisvorsitzende Sven Ehrhardt mahnte, dass die heimischen Bauern durch die Gesetzesänderungen im europaweiten Vergleich keine Nachteile erlangen dürften. Manfred Gilch formulierte als langfristiges Ziel, dass die Landwirte von EU-Subventionen unabhängiger werden müssten und künftig wirtschaftlich produzieren und verkaufen können sollten. Neben der Zusage der SPD, die Anliegen des BDM auf höhere Politikebenen weiterzutragen, wurde vereinbart, in den nächsten Monaten eine gemeinsame Veranstaltung mit einem Abgeordneten des EU-Parlaments zu organisieren.