Die vom bayerischen Kultusminister angestrebte „Hauptschulreform“ wird dazu führen, dass sich die Schullandschaft im Landkreis drastisch verändert, davon ist die SPD im Landkreis Roth überzeugt. „Es ist zu befürchten, dass als Folge der Reform die klassische Hauptschule ausstirbt“, betont die Kreisvorsitzende Christine Rodarius.
Die Mittelschule kann für die Hauptschule nicht der richtige Weg in die Zukunft sein, ist sich die SPD im Landkreis Roth sicher und steht mit dieser Kritik nicht allein da. Auch der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrverband sieht in der geplanten Reform lediglich einen „Etikettenschwindel“ und bezeichnet die geplante Reform als Eingeständnis des Scheiterns aller bisherigen Reformversuche. Treten die Neuerungen wie geplant zum Schuljahr 2010/ 2011 in Kraft, ist der Fortbestand vieler Hauptschulen, auch im Landkreis Roth akut gefährdet, prognostiziert die stellvertretende Landrätin Hannedore Nowotny in einem Gespräch mit dem SPD Kreisvorstand. Daher ihre Forderung: Schon heute sollten sich alle Bürgermeister im Landkreis zu einem lautstarken Protest zusammenschließen, ehe Schließungen aktuell würden.
Weiteres Sterben der Landkreisschulen vorprogrammiert? Nur zwei Hauptschulen mit über 300 Schülern Die geplante Reform sieht vor, dass sich Hauptschulen freiwillig um den Titel einer Mittelschule bewerben können. Als Mittelschule kann die Schule dann auf gesonderte Fördermittel des Freistaates Bayern hoffen. Um künftig den Titel „Mittelschule“ führen zu dürfen, muss die Hauptschule allerdings einige Bedingungen erfüllen. Eines der wichtigsten und für die meisten Schulen des Landkreises nicht erfüllbar: Die Schule muss mehr als 300 Schüler haben. Sie muss Ganztagesangebote, ein breit gefächertes Bildungsangebot und eine Kooperation mit Berufsschulen vorweisen.
Andere Schulen – mit weniger als 300 SchülerInnen – können sich zu Schulverbänden zusammenschließen. „Für Hauptschulen im ländlichen Raum in dieser kurzen Zeit fast utopisch“ so die SPD- Kreisvorsitzende Christine Rodarius zum vorgelegten Kriterienkatalog der Staatsregierung. „Im Landkreis sind es gerade zwei Schulen, nämlich Roth und Hilpoltstein, die über 300 SchülerInnen haben.“ „Und was passiert mit den anderen Hauptschulen?“ fragt die stellvertretende Landrätin Hannedore Nowotny nach. „Ohne den Zusammenschluss zum so genannten Schulverband entgeht ihnen das viel gepriesene Mittelschulenkonzept. Die Spitze des Eisberges: Um als Mittelschule überleben zu können, werden sich manchmal nicht nur zwei Schulen zum Zusammenschluss genötigt sein, sondern sogar drei. Wie soll das in einem ländlich geprägten Raum mit entsprechenden Entfernungen der einzelnen Schulen zueinander möglich sein? Eltern werden gezwungen sein, ihre Kinder quer durch den Landkreis zum Schulbesuch zu chauffieren. „Die neue Schulreform wird den Leistungskonflikt zwischen Stadt und Land weiter verschärfen“, sieht die Kreisvorsitzende als eine weitere Folge der Reform. „Es werden eben nicht die wohnortnahen Schulen gestärkt, sondern sie werden schließen müssen. Und die großen Hauptschulen bleiben übrig und werden vielleicht besser ausgestattet.“
Neue Abschlüsse an Mittelschulen eine Farce Viele Eltern werden in der Hoffnung auf eine bessere Qualifizierung ihre Kinder bevorzugt auf Mittelschulen gehen lassen- für die am Existenzrand vegetierenden Hauptschulen im ländlichen Raum der endgültige Todesstoß. Die SPD- Bundestagskandidatin Hannedore Nowotny befürchtet, dass neben den rund 700 Hauptschulen in Bayern, die in den letzten Jahren aufgrund mangelnder Schülerzahlen schließen mussten, tausende weitere folgen könnten. Die an Mittelschulen neu geschaffenen Abschlussmöglichkeiten erweisen sich als eine Mogelpackung. So sind sie in keiner Weise mit dem Erlangen der mittleren Reife an einer Realschule vergleichbar, wie Kultusminister Spaenle auf Anfrage einräumen musste.
Weitere Aufgliederung des bayerischen Schulsystems „Wir heizen die Selektionsmaschine zusätzlich an“, folgern die Sozialdemokraten. Wer nicht aufs Gymnasium oder die Realschule, das Original der Mittelschule, wechseln kann, werde im Landkreis einen Platz in einer der wenigen Mittelschulen, ehemals Hauptschulen, suchen. „Der Schülertourismus quer durch den Landkreis wird weiter verstärkt. Das ist eine bildungspolitische Katastrophe“, ärgern sich die Sozialdemokraten. Die drängenden Reformen des bayerischen Schulsystems wie der Abbau des Übertrittsdrucks in der Grundschule, stärkere individuelle Förderung, längeres gemeinsames Lernen würden nicht angegangen und die Überfüllung von Gymnasien würde dadurch nicht gelöst. Nowotny bezeichnet daher die Schulreform als einen „Schritt in die falsche Richtung“: so werde die durch die Pisa- Ergebnisse angeprangerte Filtrierung des Schulsystems weiter verschärft. Neue Schulformen komplizieren das dreigliedrige Schulsystem immer weiter. Der SPD Kreisverband fordert eine Überarbeitung des Reformvorhabens und ruft alle Bürgermeister zum nötigen Protest auf. „In einer Vereinfachung des Schulsystems liegt die Lösung- nicht in einer weiteren Aufgliederung“, so die einheitliche Meinung.