Die Landkreis-SPD verabschiedet ihre Kreistagsliste. Mit "Turbo" an der Spitze. Den Paukenschlag gibt’s gleich zu Beginn.
Die Genossen im Georgensgmünder Bürgerhaus springen von ihren Sitzen und klatschen laut und lange. Erstmals in seiner langen politischen Karriere führt der Landrat die Kreistagsliste seiner Partei an.
Und warum? Um der SPD wieder zu etwas mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Denn die Sozialdemokraten, in Bund und Land stark gebeutelt, haben auch bei der Kreistagswahl am 15. März 2020 einiges zu verlieren.
Noch sind sie im 60-köpfigen Kreistag die zweitgrößte Kraft. 813 000 Stimmen haben sie vor sechs Jahren geholt. Das waren 27,25 Prozent. Das beste "rote" Ergebnis in den 71 bayerischen Landkreisen. Das hat zu 16 Sitzen gereicht. (Anm.: Der 17. Platz wurde nur knapp verfehlt.)
Doch überregional hat der Niedergang der ältesten deutschen Partei zuletzt dramatische Züge angenommen. Bei der bayerischen Landtagswahl 2018 hechelten die Erben von Willy Brandt und Helmut Schmidt hinter CSU, Grünen, Freien Wählern und AfD auf Platz fünf über die Ziellinie. Deshalb wird man die SPD bei der Kreistagswahl 2020 auf dem riesigen Wahlzettel auch nur relativ weit rechts, knapp vor FDP und Linken, finden. Listenplatz fünf.
Was die SPD also dort hinten gut gebrauchen kann, das ist Aufmerksamkeit. Und die verschafft den Genossen ein Listenführer Herbert Eckstein ganz gewiss. Vor sechs Jahren wäre Ecksteins Kandidatur rechtlich gar nicht möglich gewesen. Denn als amtierender Landrat kann er ohnehin nicht Kreisrat sein. Aber im Landtag hat die CSU im Februar 2018 mehrere Korrekturen im Kommunalwahlrecht beschlossen. Davon profitiert jetzt auch die SPD, weil sie erstmals auch auf der Liste mit ihrem Landrat punkten und Stimmen sammeln kann.
Natürlich geht es bei der Kreistagswahl auch um Themen. Aber die sind bei allen im Kreistag vertretenden Gruppierungen nicht umstritten: Klinikausbau, Schulsanierungen, Radwegebau. Wer soll da schon dagegen sein? Also sollen, ja müssen es auch für die SPD bekannte Namen richten. Herbert Eckstein ist dabei der "Turbo-Motor", wie ihn die langjährige Fraktionsvorsitzende Christine Rodarius bezeichnet hat.
Auf der Liste finden sich jedoch auch Bürgermeister (Ben Schwarz, Markus Mahl, Robert Pfann, Felix Fröhlich), Altbürgermeister (Richard Erdmann), künftige Ex-Bürgermeister (Werner Bäuerlein), Vielleicht-Bald-Bürgermeister (Susanne König, Maximilian Lindner), Vielleicht-Bald-Bürgermeister-Kandidaten (Jutta Niedermann-Kriegel) und darüber hinaus beruflich alles von der Strahlenmedizinerin bis zum Handwerksmeister. "Eine wirklich tolle Liste", wie Christine Rodarius, der Georgensgmünder Rathauschef Ben Schwarz und der SPD-Kreisvorsitzende Sven Ehrhardt unisono betonten.
Die Genossen vor Ort sind optimistisch, dass sie sich gegen den bundes- und landesweiten Trend stemmen können. "Denn in der Kommunalpolitik haben wir von der SPD schon einiges vorzuweisen", so Ben Schwarz. Das liege an den engagierten Leuten vor Ort, was es gar nicht so einfach gemacht habe, die Liste zusammenzustellen. "Personell haben wir fast ein Luxusproblem", so Schwarz. "Zu viele sehr, sehr gute Bewerber."
Auch die, die schon gewählt sind, müssen "nicht in Sack und Asche gehen", so Fraktionschefin Rodarius. Man sei vor Ort die gestaltende Kraft, stehe für gute, ehrliche, offene Kommunalpolitik. Herbert Eckstein vergaß dabei auch die politische Konkurrenz nicht. Sehr partnerschaftlich gehe man miteinander im Kreistag um. Die Zeiten, in denen sich manchmal alle mittleren und kleinen Fraktionen zusammengetan haben, um eine Mehrheit gegen die CSU zu bilden, sind tatsächlich lange vorbei.
Die Delegierten haben die SPD-Kreistagsliste in geheimer Abstimmung am Ende mit 55:3 Stimmen gebilligt. Die drei Gegenstimmen hängen mutmaßlich auch mit der grundsätzlich gefeierten Kandidatur von Herbert Eckstein zusammen. Dadurch gaben die Sozialdemokraten nämlich ein anderes Prinzip auf: Der "Reißverschluss", also die abwechselnde Listenplatzierung von Männern und Frauen, beginnt diesmal erst ab Listenplatz zwei, weil hinter Eckstein der Georgensgmünder Rathauschef Ben Schwarz steht, einer der ganz heißen Kandidaten, wenn es in drei Jahren um die Eckstein-Nachfolge geht.
Quelle: Robert Gerner, Schwabacher Tagblatt. Wir danken für die freundliche Überlassung des Artikels.